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Das Gasthaus Schwyzer-Stubli

Baugeschichte

Allgemeines zum Bau

Das Haus hat eine Grundfläche von 9.6 m auf 12 m. Der Aufbau ist dreigeschossig. Das Haus ist bis in den dritten Stock durchgehend gemauert, die Binnenwände wurden mit einem hölzernen Riegelwerk versehen. Sehr beeindruckend sind die enorm dicken Mauern im Keller. Die Sockelmauern weisen eine Dicke bis 125 cm auf. So dicke Mauern finden sich eigentlich nur bei viel älteren Wohntürmen, wie z.B. dem Archivturm (geschätzte Bauzeit um 1200) südlich des Hauptplatzes.

Im ersten Wohngeschoss, wo Küche und Restaurant sind, lassen sich die alten Strukturen erkennen: zwei Stuben nach Süden, der hintere Hausteil nach Norden mit Küche und zwei kleinen Seitenkammern. Dieser Grundriss entspricht genau dem Typus «Innerschweizer Wohnbau». Zum ersten Mal wurde dieser Grundriss im Niderösten Haus von 1176 nachgewiesen und lässt sich bis ins 18. Jahrhundert finden. Auch das «Schwyzer-Stubli» hat also alle Charakteristika des spätmittelalterlichen Wohnbaus. Es befindet sich mit rund 90 anderen Häusern aus dem Talkessel in guter Gesellschaft.

 

Alter des «Schwyzer-Stubli»

Aufgrund der äusserlichen Baumerkmale wurde das Haus durch die Experten der Denkmalpflege ins 17. Jahrhundert datiert, erbaut kurz nach dem Dorfbrand in Schwyz 1642. 2019 wurden erstmals dendrochronologische Untersuchungen durchgeführt, welche neue und sehr überraschende Ergebnisse brachten. Es wurden sieben Hölzer untersucht, die aus drei Holzarten sind: Eiche, Tanne und Fichte.

Die Hölzer ab dem ersten Vollgeschoss (Restaurant und Küche bis in den Dachstock) wurden alle im gleichen Jahr gefällt, nämlich im Winter/Frühling 1736/37. Damit sind die drei Stockwerke entgegen der früheren Annahme jünger als erwartet.

Die Überraschung brachte dann aber ein Schwellbalken über der Tür zum Kellergeschoss. Dieser Tannenbalken, mit Waldkante, Splintholz und Mark konnte ziemlich eindeutig auf ein Fälldatum im Herbst/Winter 1507 datiert werden! In ihrer Einschätzung geht Archäologin und Bauforscherin Ulrike Gollnick davon aus, dass er an seiner «Erstverwendung», also «in situ» liegt und nicht später beim Umbau eingebaut wurde. Qualitativ gute Hölzer wurden bei Umbauten nicht entsorgt, sondern wiederverwendet, oder wie hier weiterverwendet.

 

Bauszenario zwischen 1507 und 1736

Folgendes Bauszenario ist möglich: Auf dem steinernen Sockelgeschoss aus dem frühen 16. Jahrhundert stand ein hölzerner Blockbau, wie es in Schwyz damals üblich war.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts will die Besitzerfamilie das Haus umbauen. Anstatt den hölzernen Blockbau nur zu verblenden, d.h. mit weissem Putz zu überziehen um einen Steinbau vorzutäuschen, wie es in Schwyz sonst üblich war, wird der Blockbau um 1736 abgerissen und durch einen durchgehenden, echten Steinbau ersetzt.

Die Grundmauern des Hauses «Schwyzer-Stubli» sind also über 500 Jahren alt. Seine drei Stockwerke sind aus Stein gebaut, was in Schwyz unüblich war. Damit hebt sich das «Schwyzer-Stubli» von den anderen Herrenhäusern deutlich ab.

Die weiteren Ausbauten und vor allem die Ausmalung der Restauranträume im Erdgeschoss um 1900 machen das «Stubli» zu einem aussergewöhnlichen Zeitzeugen mit einer über 500-jährigen Geschichte.

Besitzergeschichte

Die Familie Schorno

Als erster bekannter Besitzer wird Diethelm Schorno (1575?-1642), Hauptmann in spanischen Diensten und Landammann von Schwyz genannt. Er wohnte laut Quellen oben im Dorf neben der Mühle «am vorderen Dorfbächli», was als Haus «Schwyzer-Stubli» interpretiert werden darf. Die angrenzende Mühle gehörte wohl ursprünglich auch der Familie Schorno.

Die erste gesicherte Quelle über die Besitzer des Hauses ist der Häuserrodel von 1719, wo steht, dass das Haus des heutigen «Schwyzer-Stubli» laut der Dorfgenossenschaft Schwyz von «h. sekchelmeister Schorno, Item mühli und bachstuben» bewohnt war. Hier ist Josef Karl Schorno (1671-1726) gemeint, Seckelmeister von 1716 bis 1722.

Aufgrund der langen Zeit, in der das Haus im Besitz der Familie Schorno gewesen war, ist das «Schwyzer-Stubli» auch als Haus «Schorno» überliefert. Ob die Schorno schon die steinernen Grundmauern um 1507 erbaut haben, kann nicht gesagt werden. Auf jeden Fall sind die ersten Schornos im 13. Jahrhundert in Schwyz als Zeugen auf Urkunden und Käufer von Gütern erwähnt.

 

Besitzer im 18. und 19. Jahrhundert

Über die späteren Besitzerinnen und Besitzer wissen wir aus dem Grundbuch Bescheid. Ab 1755 war das ganze Haus im Besitz der Familie Marty, dann Pfyl und dann wieder Marty. Dann treten die Martys und eine Familie Beeler gleichzeitig als Besitzer auf. Die Martys verkaufen ihren Teil an die Horaths, welche dann 1895 das ganze Haus besitzen.

Interessant ist die Nutzungsteilung des Wohnhauses auf die zwei Besitzerpartien ab 1816. Eine Hausgemeinschaft kann den ganzen ersten Stock nutzen, die andere den ganzen zweiten Stock. Das Erdgeschoss und der Dachstock sind jeweils in eine östliche und eine westliche Hälfte geteilt. Die Hauptzugänge zu den Wohnungen liefen wie üblich aussen hoch über die Lauben. Zu dem oberen Zimmer gab es wohl kleine schmale Treppen im Innenbereich.

 

Besitzer im 20. und 21. Jahrhundert

Anton Horat, (1857-1935), gelernter Schneidermeister mit einem Atelier im alten Haus Engel, konnte den einen Hausteil im Mai 1895 kaufen, danach übernahm er von seiner Mutter den anderen Hausteil. Seine Frau war Wirtin im «Ratskeller» in Schwyz und so stand einem Restaurant in der Neuerwerbung nichts im Weg. Der Anton war ein ruheloser, immer aktiver und gestaltender Mensch. Er war unter anderem der Gründer des kantonalen Wirtevereins, zwischen 1924 und 1926 Gemeinderat und 20 Jahre Dorfvogt. Als aktiver Japanese verkörperte er 1913 den 50. Hesenusode, war Aktuariu, Gimmermee und Materialiu. Aber am bekanntesten ist er natürlich für die Innenausstattung seines «Schwyzer-Stubli». Am 10. November 1901, einem Sonntag notabene, wurde das Restaurant eröffnet. Im Boten der Urschweiz tönte die Würdigung des neuen Restaurants wie folgt:

«Schon seit zirka zwei Jahren zeigen die Hauptflächen der Wände ob dem stilgerechten Brusttäfer aus seltenen Bildern, wie nach der Natur, in den Tönen der vier Jahreszeiten zusammengestellte Ansichen aus dem alten Schwyz und von den Fensterpfeilern leuchten uns ebenso mannigfaltigen, dem Raume vorzüglich angepassten, wie heraldisch formvollendeten Wappenschildern, die sinnreichen Insignien der einzelnen Zünfte- und Handwerke der Ortschaft, wobei auch die komischen Reminiszenzen nicht zu kurz gekommen sind.»

Die einheimischen Maler waren Anton Waldis, Xaver Triner und Karl Tschümperlin. Sie nahmen sich verschiedene Vorbilder für die Wandgemälde, so das bekannte erste Bild von Schwyz von Johannes Stumpf, in dessen Chronik von 1548. Die Bilder wurden mit Figuren des täglichen Lebens und der Fasnacht belebt. Der Wappenfries wurde von Martin Styger, Staatsarchivar und Autor des grossen «Wappenbuchs des Kt. Schwyz», eigenhändig gestaltet.

1930 bis 1946 wechselten die Besitzer wie auch die Gastgeber im Stubli im Vergleich zu vorher relativ schnell: Hilda Schweighauser von 1930 bis 1939, Baptist Reichmuth von 1939 bis 1946, Metzger Dusser von 1946 bis 1956, Familien Fässler von 1956 bis 1976, das Ehepaar Krummenacher von 1976 bis 1987. Aber alle wirteten mit Leidenschaft und Freude und die Stammgäste wurden mehr und mehr.

Liz Meier kaufte das «Schwyzer-Stubli» am 17. März 1987. Sie entschied sich für eine umfassende Renovation. Bei der Eröffnung am 11. November desselben Jahres gab es einige Neuerungen: ein Ess-Stubli im ersten Stock, eine Bar im Erdgeschoss und eine neu gestaltete Wohnung im Dachstock des Hauses. Die Stammgäste blieben.

 

Aktuelle Besitzer

Am 30. Dezember 2001, nach 14 Jahren Wirten im «Schwyzer-Stubli» schloss Liz Meier das Restaurant. Ihre Söhne übernahmen für kurze Zeit die Liegenschaft, bis sie sie 2004 an eine einfache Gesellschaft verkauften.

Zur Nutzung als Gasthaus mit gehobener Küche wurden Anpassungen in der Infrastruktur getätigt, der Garten umgestaltet und später mit einem Sonnenschutz ergänzt. Im dritten Stock des Hauses entstand eine gemütliche Raucherlounge.

Das Konzept einer historischen Belebung des Gasthauses brachte hochwertige Events ins Haus: den «Stubli-Geist», der zwischen den Menugängen den Besucherinnen und Besuchern Geschichten und Legenden aus Schwyz, wahr und ersponnen, erzählte; Bänkelsänger, die «Memento Mori»-Lieder zum Besten gaben; Schmausgeschichten, die Verzicht und Völlerei gegenüber stellten; aktuelle Musik und historische Texte in Einklang gebracht; um hier nur einige zu nennen.

Seit dem 15. Dezember 2015 ist das «Schwyzer-Stubli» in Eigentum der Gerbi Immobilien AG, Schwyz. Betrieben wird das Restaurant von der [InGastronomie AG] Schwyz.

 

Dr. Angela Dettling, Schwyz. April 2020.

Wichtigste Quellen:
Bote der Urschweiz.
Fassbind, Joseph Thomas, Vaterländische Profangeschichte, Ed. Angela Dettling, Zürich 2005.
Grundbucheinträge, Notariat Schwyz.
Schweizer Zeitung.
Styger, Martin, Wappenbuch des Kantons Schwyz, Genf 1936.
Wiget, Josef, Die Gesellschaft der Burger zu Schwyz, in: MHVSZ, 86, 1994.
Wiget, Josef, Wasser und Wacht, Schwyz 1988.